Literaturfreunde hoffen auf Jokostra-Straße

Strittmatter-Verein erinnert an zweiten Spremberger Dichtersohn / 50 Bücher für Bibliothek zur Verfügung gestellt

Der Spremberger Schriftsteller Peter Jokostra soll dem Vergessen entrissen werden. Darin sind sich die Literaturfreunde während einer Veranstaltung des Strittmatter-Vereins einig gewesen. Denkbar wäre in seiner Heimatstadt etwa eine Jokostra-Straße.

Von Torsten Richter-Zippack

Spremberg. Es ist schon zum Verzweifeln: Spremberg und seine beiden Dichter! Während der Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag von Erwin Strittmatter im August 2012 hatte sich die Stadt vornehm zurückgehalten. Und Peter Jokostra? Ja, da war doch was. „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“, sagt ein altes Sprichwort. So suchen Literaturfreunde in der „Perle der Lausitz“ nach einer Jokostra-Straße beziehungsweise nach einem Jokostra-Platz vergebens. Auch am Haus in der Langen Straße 35 findet sich keinerlei Hinweis, dass dort einer der bedeutendsten Lausitzer Schriftsteller des 20. Jahrhunderts aufgewachsen war.
Das könnte sich mittelfristig ändern. „Es wäre super, wenn in Spremberg an Peter Jokostra erinnert würde“, sagt Autor Matthias Stark vom Strittmatter-Verein. Mehr noch: „Man soll den Leuten sagen, dass es hier neben Erwin Strittmatter einen weiteren wichtigen Schriftsteller gab.“ Kurioserweise waren sich Strittmatter und Jokostra selbst nicht grün. Sie sind zwar in der gleichen Stadt zur Schule gegangen, entstammen sogar dem gleichen Jahrgang, nämlich 1912, doch wollte zumindest in späteren Jahren der eine mit dem anderen nichts zu tun haben.
„Jokostra hat Strittmatter dessen Defizite wie einen Spiegel vorgehalten“, erklärt der aus Spremberg stammende Lehrer Klaus Krause, der sich bereits seit vielen Jahren mit dem Verhältnis der beiden Koryphäen beschäftigt. Hatte Erwin Strittmatter Peter Jokostra bis zum Ende der 1940er-Jahre noch bewundert, damals existierte zwischen beiden ein reger Briefverkehr, war damit nach Gründung der DDR Schluss. Der Sohn des Spremberger Stadtapothekers profilierte sich zunehmend als unbequemer Freigeist, der später in die Bundesrepublik flüchtete. Strittmatter dagegen habe seine Autoren- und Parteikarriere verfolgt, wie Klaus Krause anmerkt.
Kurioserweise ziehe sich die Person Peter Jokostra gleich durch mehrere Strittmatter-Werke, beispielsweise in der Roman-Trilogie „Der Laden“ und im „Wundertäter“. Der gelernte Bäckergeselle stelle Jokostra als eine Art überkandidelten Dichter dar. Selbst nach der politischen Wende der Jahre 1989/1990 habe sich das Verhältnis der beiden gebürtigen Spremberger nicht entspannt. Erwin Strittmatter starb im Januar 1994, Peter Jokostra hochbetagt im Januar 2007.
„Klar wäre es eine zu schöne Vision, hätten sich beide Dichter ausgesöhnt“, sagt Klaus Krause. Wie realistisch dieser Wunsch ist, sei mal dahingestellt. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Strittmatter und Jokostra beileibe kein Einzelfall sind. Auch die beiden Schriftstellerinnen Sarah Kirsch und Christa Wolf hätten sich kontrovers gegenübergestanden.
„Wir wollen erreichen, dass die Spremberger wissen, welche Persönlichkeiten untrennbar mit ihrer Stadt verbunden sind“, sagt Matthias Stark. Keineswegs gehe es etwa darum, Erwin Strittmatter zu demontieren. Stattdessen sollte Peter Jokostra mit dem Autor des „Ladens“ in einem Atemzug genannt werden. Nicht zuletzt könne Spremberg mit Recht stolz auf seine beiden Dichtersöhne sein. Nur wüssten diesen Aspekt bislang nur ziemlich wenige Einheimische tatsächlich zu schätzen.
Ein Anfang ist indessen getätigt. Denn Klaus Krause hat der Bibliothek im Schloss bereits vor längerer Zeit rund 50 Bücher von Peter Jokostra zur Verfügung gestellt.