In der Lausitzer Rundschau vom 19. und 20. August 2012

Feier in Spremberg zum 100. Strittmatter-Geburtstag

Spremberg Mit einer Feier ist am Samstag in Spremberg (Spree-Neiße) an den 100. Geburtstag des Schriftstellers Erwin Strittmatter erinnert worden. Dabei wurde auch seine zu DDR-Zeiten verschwiegene Stasi-Mitarbeit und seine Kriegszeit als Soldat in einer SS-Polizeieinheit nicht ausgeklammert.

Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack Linke) warb dafür, den «Fall Strittmatter» nicht zum Instrument der eigenen Reinwaschung zu machen. «Strittmatters Schweigen und Verdrängen war nicht das Schweigen und Verdrängen eines Einzelnen mitten in einem Meer von Beredsamkeit und individuellem Schuldeingeständnis, sondern es war das Schweigen in einem Meer von Schweigen», sagte sie vor den mehr als 200 Gästen in der Aula des Erwin-Strittmatter-Gymnasiums. Der Autor, der unter anderem die Trilogie «Der Laden» schrieb, war am 14. August 1912 in Spremberg geboren worden. Er starb 1994 in Schulzenhof bei Dollgow (Oberhavel). Die Stadt Spremberg hatte gegen die Stimmen der Linksfraktion eine Würdigung ihres Ehrenbürgers abgelehnt. Udo Folgart Schirmherrn der Feier und Präsident des Landesbauernverbandes, nannte Strittmatter einen Freund der kleinen Leute. Auch wenn er kritische Details seiner Biografie verschwiegen habe, dürfe er nicht verdammt werden. «Er bleibt ein großer Schriftsteller», so Folgart. Für diesen Sonntag hat der Strittmatter-Verein zu einem Hoffest im benachbarten Bohsdorf eingeladen.

In der Lausitzer Rundschau vom 20. August 2012 von Martina Arlt:
Hoffest bei den Strittmatters in Bohsdorf
Mächtiger Andrang am Sonntagmorgen in Bohsdorf / Führung durch den „Laden“

Bohsdorf Pünktlich um zehn Uhr haben sich am Sonntag zahlreiche Gäste zum zweiten Hoffest an der Stätte des bekannten Schriftstellers Erwin Strittmatter in Bohsdorf versammelt. Die angereisten Besucher aus nah und fern nahmen gern das Angebot der Mitglieder des Erwin-Strittmatter-Vereins an, an einer Führung durch den Ort Bohsdorf sowie durch den „Laden“ teilzunehmen.

Die Vereinsvorsitzende Renate Brucke begrüßte die Besucher zum Hoffest bei Strittmatters und brachte ihre Freude über die überaus große Besucherschar zum Ausdruck. Die Gäste schlossen sich den Führungen durch den Ort mit Renate Brucke und Klaus-Dieter Nikolaus an. Die Bohsdorferin Kordula Thiel verkörpert zu den Strittmatter-Festen „Mutter Lenchen“ und gab gern in der Strittmatter-Stätte Auskunft. Als „Ausflugsziel“ hatten sich in diesem Jahr auch die 20 Absolventen der Hochschule für Verkehrswesen Dresden des Abschlussjahres 1968 den Bohsdorfer „Laden“ für Sonntag auserkoren. Bernd Krasel sagte: „Unser dreitägiges Treffen findet jährlich an einem anderen Standort statt. Es sind Leute aus dem gesamten Bundesgebiet. Ich komme aus der Region und kenne die Wirkungsstätte des Schriftstellers. Fast alle haben den ,Laden‘ gelesen. Viele ausgestellte Dinge kennt man in den Räumen von damals, es ist eine Reise in die eigene Vergangenheit.“

Zur Mittagszeit suchten sich die Besucher ein schattiges Plätzchen auf dem Bohsdorfer Hof. Dagmar Bastisch als Leiterin des ortsansässigen Kindergartens „Wirbelwind“ gestaltete mit ihren Kindern ein unterhaltsames Programm. Die zehnjährige Anika Budack las aus „Pony Pedro“ die Ponyschule.

Zu einem weiteren Programmpunkt des Tages gehörte die Lesung mit dem Schriftsteller Günther H. W. Preuße „Zuviel lesen ist nischt, sagt Tante Maika …“. Er brachte Prosatexte aus dem Werk Erwin Strittmatters zu Gehör.

Auch Schulkinder der Region beschäftigten sich mit dem Schriftsteller aus unserer Region und brachten die Gedanken zum Kinderbuch „Pony Pedro“ malerisch zu Papier. Diese Arbeiten wurden am Sonntag zum Hoffest gezeigt. Für die Teilnehmer dieser Aktion versprach Vereinsvorsitzende Renate Brucke als Dankeschön eine kleine Aufbesserung der Klassenkasse in den jeweiligen Schulen. „Das Hoffest erfreut sich immer größerer Beliebtheit und das schöne Wetter heute trägt mit Sicherheit zu dieser großen Besucherzahl bei“, so Hans-Werner Dobberstein, stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Heidemarlen Polzin vom Vorstand brachte die Broschüre „100 Gedanken zum 100.“ Gegen einen kleinen Obolus „an den Mann“. „Bei der Vorbereitung des Festes wurde sehr viel Herzblut hineingesteckt, alles liebevoll herzurichten. Die Frauen haben Kuchen gebacken, Schmalz zubereitet. Bohsdorfer Frauen haben im Wald Heide geschnitten für die Tischdekoration. Auch touristisch gesehen hat unser Hoffest einen positiven Aspekt. Denn in unserer Umgebung sind alle Zimmer ausgebucht“, so Heidemarlen Polzin.

Der Erwin-Strittmatter-Verein zählt 162 Mitglieder und wird von Renate Brucke geleitet. Zu den Ehrenmitgliedern gehören Carmen-Maja Antoni aus Berlin und Tschinag Galsan aus der Mongolei. Die Betreuung des Bohsdorfer „Ladens“ haben Carola Diaczenko, Karin Jesussek, Ranghild Pannusch, Kordula Thiel, Blanka Nakoinz und Gertraude Friedrich inne. „Ein bis zwei Reisebusse machen wöchentlich bei uns Station. Viele Radler kommen gezielt, die die Lausitz erkunden möchten“, sagte Ladenbetreuerin Carola Diaczenko.

Geöffnet hat die Einrichtung montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, an den Wochenenden von 10 bis 12 Uhr sowie von 13 bis 17 Uhr. Besucher können sich telefonisch unter 035698 221 anmelden.

Im November 2012 findet wieder das Literatur-Café in der Begegnungsstätte „Unter Eechen“ in Bohsdorf statt.