Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung des Romans „Ole Bienkopp“
Seine eigentliche Liebe gilt Viktor Klemperers Tagebüchern, gesteht der achtzigjährige Walter Nowojski aus Berlin. Mit den handschriftlichen Einträgen beschäftigt er sich seit langem und geht mit ihnen auf Lesereise durch ganz Deutschland.
Er ist aber auch ein profunder Kenner der DDR-Literatur und seiner Autoren. Als studierter Germanist hatte er als Rundfunk-und Fernsehredakteur, als Chefredakteur der Zeitschrift Neue Deutsche Literatur Einblicke in die Kulturpolitik der DDR und sich etliche Male mit den Zensoren zu seinem Nachteil angelegt.
Seine Erinnerungen an Erwin Strittmatter bewogen den Verein, ihn einzuladen. Und die rund fünfzig Besucher in der Begegnungsstätte „Unter Eechen“ in Bohsdorf waren interessierte Zuhörer und Frager. Nowojski schilderte u.a. die Probleme, die es bei der Veröffentlichung von „Ole Bienkopp“ vor rund 50 Jahren gab. Literaturfreunde kennen die Ursachen: Der Romanheld verlässt die Partei, die durch Frieda Simson karikiert wird und stirbt am Ende. Das war ungeheuerlich! Günter Drommer, erster Strittmatter-Biograf, schreibt dazu, das war Strittmatters erster Fehdehandschuh, den er den Mächtigen der DDR hinwarf. Klaus Gysi, damaliger Kulturminister, schaffte es mit Winkelzügen den Druck abzulehnen. Darauf bot Nowojski Strittmatter mit seinem Rundfunk eine Plattform. Dieser las selbst in Fortsetzungen aus dem ersten Teil des Romans, aber plötzlich war Schluss, nachdem das ZK davon erfuhr und Nowojski wurde strafversetzt. Nun forderte aber die Lesergemeinde den Druck des Buches, die SED gab nach und Strittmatter erhielt letztendlich noch den Nationalpreis.
Die anschließende Fragerunde führte über Stephan Hermlin, Peter Jokostra, F.C. Weiskopf, Herrmann Kant schnell zur aktuellen Situation um die Strittmatter-Diskussion, vor allem in Spremberg. Die Sorge einiger Vereinsmitglieder, Spremberger Lokalpolitiker könnten weiteren Schaden mit ihrer moralisierenden, ignoranten und bösartigen Haltung (einzig deutschlandweit!) anrichten, begegnen wir mit unseren „Erfolgen“: Eine große Anzahl schriftlicher und mündlicher Zustimmung und Unterstützung unserer Arbeit und Neueintritte, selbst an diesem Nachmittag – zwei neue Mitgliedsanträge von Sprembergerinnen.
Jetzt liegt noch viel Arbeit vor uns. Auswertung des Schülerwettbewerbs, Gestaltung der Broschüre „Hundert Gedanken zum 100.“ mit Texten unserer Mitglieder und ausgezeichneten Schülerarbeiten, die Vorbereitung der Feierstunde am 18. August und des Hoffestes am 19. August.
Dem Bohsdorfer Bündnis danken wir für die finanzielle Unterstützung.
Renate Brucke