Renate Brucke im Gespräch

Eine fünfundneunzigjährige Forsterin erinnert sich: „Den möcht ich mal als Mann haben.“

Mit der wohl letzten Zeitzeugin aus Erwin Strittmatters „hochen Jungsenschul“- Zeit begab ich mich am 9. Oktober in die Vergangenheit. Erika Brix, geborene Franke, die heute in einem Seniorenheim in Forst lebt, hat ihren Freundeskreis, zu dem auch der Gymnasiast Erwin Strittmatter gehörte, noch in bester Erinnerung. Sie selbst besuchte damals das Mädchen-Lyceum in der Wirthstraße, in dem Erwin bei den Hausmeisterleuten „Baltin“ im Keller wohnte. Er war ihr von Anfang an sympathisch, weil er ruhig und zurückhaltend war und nicht so draufgängerisch wie die anderen Jungen. Rückblickend, ihre Verliebtheit gestehend, erinnert sie sich: „Den möchte ich mal als Mann haben.“ Aber zum einen zählte Christel Schalach – „Ilonka Spadi“ zu ihren Freundinnen und zum anderen interessierte sich für sie ein junger Mann, der es bereits „zu etwas gebracht“ hatte und ihren Eltern gefiel.
Auf dem bekannten Klassenfoto vor dem Spremberger Gymnasium zeigte sie mir sofort den frechen Joachim Tausend, besser bekannt als „Krachschläger Hundert“, den lernfaulen Wapple – der „dicke Worrischk “ oder Wolfgang Haas, den „Laden“-Leser als „Wollu Kanin“ kennen.
Durch Erwins Schwester Marga, mit der sie einen Nähkursus absolvierte, wurde der Kontakt zu den Strittmatters sehr eng. So übernachtete sie hier, und wenn sie ausgehungert vom Tanzen kamen, schmierte ihnen Lenchen noch schnell ein paar Schnieten. Manchmal fuhr sie Erwin mit seinem Motorrad nach Spremberg zurück. Der Kontakt zwischen beiden riss nie ab. Als Erwin nach der Bäckerlehre die Niederlausitz verließ, schrieben sie sich Briefe und nach dem Krieg trafen sie sich wieder in Spremberg oder beim Bruder Heinjak in Bohsdorf.
Viele Jahre war sie Mitglied im Erwin-Strittmatter-Verein und verfolgt auch heute noch alle Neuigkeiten über Strittmatter und den Verein. Ihre mit Widmungen versehenen Strittmatter-Bücher hat sie bereits einem ihrer Enkel überlassen.

Renate Brucke