Das Tor zum Hof ist breit geöffnet.
Morgens um neun, die Sonne strahlt, Gott sei Dank und die Gurkenkrüge sind gefüllt mit Holunder, Schwertlilien, Nelken und Kornblumen.
Heidemarlen Polzin, morgens aus Weißwasser mit prall gefülltem Cabrio angereist, sortiert emsig die Preise der Glücksradtombula. „Einen zusätzlichen Tisch könnten wir gut gebrauchen! Und ein Körbchen für den Schmuck!“
Hans-Joachim Brucke überquert eilig den Hof, um die Stühle für die Mitgliederversammlung aufzustellen. „Ach noch ein funktionstüchtiger Dosenöffner wäre toll!“
Schon am Vortag haben die Mitglieder des Strittmatter Vereins Tische und Bänke platziert, die Kinder mit ihren Müttern brachten den großen Spiegel und die Fenster auf Hochglanz und feudelten emsig in Strittmatters guter Stube. Die Männer haben Sonnenschirme und Zelte aufgestellt und den riesigen Kühlschrank für die Getränke auf den Hof gerückt. Er sollte schön werden, dieser Jahreshöhepunkt. Dafür arbeiteten heute alle Hand in Hand.
Einen kurzen langen Blick lang, gedanklich über den Hof fahrend, an der alten Linde entlang, am Taubenschlag vorbei und an der Regenrinne endend, frage ich mich, was die Strittmatters zu diesem regen Treiben auf ihrem Hofe wohl sagen würden.
Der alte Kulka hätte sicher lautstarke Optimierungsvorschläge, die Kinder ihre helle Freude und Mutter Lenchen benötigte sicher mehrere Kümmel nach immer wiederkehrender Ohnmacht.
Erst um kurz vor elf wurden die letzten Schürzen abgebunden und der Wassertrog für die Ponys ausgespült, denn es begann die Mitgliederversammlung mit der Wahl des neuen Vorstands. Auch Mitglieder mit körperlichen Einschränkungen und langem Fahrweg sind gekommen. Ihre Leidenschaft zu den Strittmatters ist offensichtlich größer, als diese Hindernisse. Am Ende versammelten sich 25 Mitglieder. Hans-Werner Dobberstein eröffnete die Versammlung ein letztes Mal, er verlässt heute den Vorstand gemeinsam mit Petra Scholz. Zwei Verluste, denn beide sind Urgesteine der Strittmatter Freunde. Herr Dobberstein gar Gründungsmitglied des Vereins, …“aber man wird nicht jünger…“, wie er hinzusetzte. Renate Brucke verlas den Rechenschaftsbericht des Vereins mit einem Resümee der Jahreshöhepunkte, wie z.B. den gut besuchten Literatur Cafés und den erfolgreich stattgefundenen Lesungen. Nicht genannt, aber wohlwissend der vielen Reisen in ihrer Freizeit, die dem Verein eine Stabilität und bereichernde Netzwerke liefern. Auf ein solides Fundament blickend erstattete Petra Scholz ein letztes Mal den Finanzbericht des Strittmatter Vereins, indem sich die notwendigen Ausgaben zur Erhaltung des Ladens, ebenso wie erbrachte Werbungskosten widerspiegelten. Dem schloss sich die Wahl des neuen Vorstandes an.
Den neuen Vorstand bilden:
Renate Brucke – Vorstandsvorsitzende
Heidemarlen Polzin – stellvertretende Vorstandsvorsitzende
Annett Thiel – Schatzmeisterin
Egon Wochatz
Jana Koall
Nadine Gnoth
Ines Lehmann
Petra Scholz und Hans-Werner Dobberstein wurden blumig verabschiedet. Pünktlich zur Mittagszeit strömten die Mitglieder und Gäste auf den Hof, der mit Gegrilltem, Gulaschsuppe und kühlenden Tropfen zum Fest im herrlichsten Sonnenschein lag. Mit kariertem Hemd, Schiebermütze und seiner unnachahmlichen Art gelang es Michael Becker wieder einmal Kulka Stimmung unter den Besuchern zu verbreiten. Er las unter dem Nussbaum, an einem wunderbar schattigen Plätzchen, aus Erwin und Evas Werken. Der Hof füllte sich zur Vesperzeit weiter und man ließ sich Kaffee und köstlichen Bohsdorfer Kuchen mit der stimmungsvollen Unterhaltung durch den Akkordeonspielers Michael Karge schmecken. Über den Hof tanzten schillernde Seifenblasen, es gab bunte Zuckerwatte, das Glücksrad schnarrte und lockte mit seinen Preisen und selbst Pony Pedro ließ an diesem sonnigen Kindertag gemütlich auf sich reiten. Ich denke, Strittmatter wäre an diesem Tag froh gewesen.
Gründungsmitglied Wilfried Klausch, der eine persönliche Beziehung zur Familie Strittmatter unterhielt, ließ es sich nicht nehmen, an diesem Tag seine Frau aus dem Pflegeheim abzuholen , um mit ihr Kaffee und Kuchen unter der alten Linde zu genießen.
Was für ein freudiger Tag, der aller Mühen wert war, die Daseinsberechtigung des Vereins bestätigte und unbedingt nach Wiederholung ruft.
Nadine Gnoth