Der große Ritt durch Strittmatters Werk
Spremberg Einen wunderbaren Ritt „Vom Wundertäter zur Verwandlung“ haben die Mitglieder des Erwin-Strittmatter-Vereins und ihre Gäste im Spremberger Schweizergarten erlebt. Manfred Schemel, der Vereinsvorsitzende, hatte die Schauspieler und Mitarbeiter der Neuen Bühne Senftenberg schon vor reichlich einem Jahr in Senftenberg erlebt – so etwas hätte den Sprembergern neben der Diskussion um die Vergangenheit „ihres“ Dichters in den Jahren 2008/2009 geholfen.
Im »Wundertäter III« hatte Strittmatter mit seinem Romanhelden Stanislaus Büdner die Jahre 1947 bis 1950 als Redakteur der »Märkischen Volksstimme« verarbeitet. Jetzt standen die Theaterleute voll auf Strittmatters Seite, als er die Welt mit seiner Theater-Rezension zur Faustaufführung beglückte, den völlig übergangenen Mephisto-Darsteller Fischer beruhigte, die Wichtigkeit der Sekretärin hervorhebt und schließlich die Erfindung der Limonade ohne Süßstoff politisieren muss. Strittmatter hat den Unterschied zwischen Schriftstellern und Dichtern herausgefunden, mit dem Specht, der die Bäume befragt, grundsätzlich geklärt, dass die Hohlen am lautesten tönen und die Feldlerche dazu benutzt, den Haussegen wieder ein bisschen gerade zu rücken. Flink warfen sich die die Schauspieler Strittmatters Weisheiten zu. Und auch die Anekdoten, die Strittmatter mit seinem Dichter-Kollegen Bertolt Brecht und dem Schauspieler Erwin Geschonneck erlebt und belebt hatte, waren ein Genuss. Klar, Strittmatter-Freunde haben das alles schon mal gelesen, aber es war auch für die Mitglieder des Vereins schön, es wieder einmal zu hören. Das zeigte der Applaus – zwischendurch, wenn der Spaß besonders groß war, und danach, als ein Sommerabend mit vielen Strittmatter-Gedanken im Kopf begann.Was die Theaterpädagogin Karla Dyck mit Chefdramaturgin Gisela Kahl, Verwaltungsleiter Friedrich Meyer, Fundraiser Hans-Peter Rößiger (er kümmert sich sonst mehr um das Geld fürs Theater als um Strittmatter), den Schauspielern Sybille Böversen, Carolin Chyla, Roland Kurzweg, Wolfgang Schmitz und Alfred Tempel vom Seniorentheaterklub aus dem Werk Strittmatters zusammengestellt hat, zeigt in und dank guter Lesung auch zwischen den Zeilen den Dichter vom jungen Spund bis zum alten Fuchs. Mit Auszügen aus der Märkischen Volksstimme, dem Interview mit Heinz Plavius und sehr vielen Geschichten aus Strittmatters Werk ist ihnen ein reiches Programm gelungen.
Nimmt man die Bemühungen des Strittmatter-Vereins dazu, der auch seit 2009 mit mehreren Bohsdorfern um Renate Brucke zu Lesungen einlädt, lässt sich der Schatz, den Strittmatter der Region und der Welt hinterlassen hat, zumindest erahnen.
Unter den Zuhörern der Lesung im Schweizergarten war auch Elena Turceková. Sie hat nach »Pony Pedro« und den »Selbstermunterungen« Erwin Strittmatters nun auch »3/4 hundert Kleingeschichten« ins Tschechische übersetzt hat.
Von Annett Igel